[#naraontour] Idomeni – the „pacified“ border??

Idomeni: The „pacified“ border??

Horrifying images of hunger striking and protesting refugees with sewed up mouthes in Idomeni at Greece’s border to Macedonia dominated European medias for a short time. These protests were based on the recently imposed procedure to close the border for refugees not coming from Syria, Afghanistan or Iraq (so called „SIA-refugees“). People from assumed „non-war zones“ (like from Morocco, Iran, Pakistan, Lebanon and Somalia) were bottled up in Idomeni at the greek side of the border. Resulting protests of thousands of desperated people caused a huge media response.

Instead of grant them their right on freedom of movement and instead of recognise their individual reasons to flee, authorities reacted by taking means that prevent mass protests and aggravated the refugee’s situation a lot. The camp in Idomeni was evacuated violently and new arriving refugees are stopped again and again along their way through Greece. This aggravation explains that those arousing images disappeared from the media creating the impression that situation lost tension. In fact the opposite is the case.

Current situation
Refugees leaving the greek islands arrive in Athens and are brought away by bus. As authorities definitely do not want to have larger groups of refugees directly at the border, the busses let out their passengers on different service areas. These places arranged within a short-time have no infrastructure, food can only be bought at expensive prices at the petrol station shops. People without money have to starve. Sometimes busses had to wait there for 30 hours, furthermore some busses weren’t heated or were locked so that refugees had to suffer the cold and sleet and spent their time near small fires. There is no supply for extremely vulnerable individuals like little children. The only support (in the form of food, fire wood or minimal medical attendance) is offered by NGOs and independent volunteers. It seemed especially absurd to us that the evacuated camp in Idomeni still exists but may not be used – for strategic reasons. There are several heated huge tents as well as an infrastructure giving out clothes and food and offering medical attendance. Now, these facilities can only be used during the short period between the arrival of the busses in Idomeni and the crossing of the border. People are guided to the border gate as fast as possible, thereby it remain only few minutes to stop in the NGOs‘ tents.

Racist segregation and its consequences
Then, „SIA-refugees“ are allowed to cross the border, people of all other nationalities aren’t. They are immediately forced to get on their busses back to Athens which makes it impossible to protest and obscures the dimension of rejection. For some refugees this is the end of their hope of a dignified life in Europe. In this situation, their only possiblities are to return to their home country or to vanish in order to continue their journey illegally.
For most of them, giving up after thousands of kilometers and perilous passages is no option. They only can cross Macedonia illegally, therefore hundreds of refugees rejected at the border crossing hide near the border and prepare their journey. They pass several days and nights on fields, in the woods, in deserted houses, etc. next to Idomeni. In the rain and the cold, blankets and rain ponchos given out by volunteers can’t really change their situation. Human traffickers are often their only possibility to continue their legitimate escape. There are reams of reports on attempts of crossing Macedonia „illegally“ failing several times. Almost every time people have been picked up by cops or soldiers in Macedonia, they have been beaten, their objects of value have been stolen and they have been deported to Greece. The refugees tell us about broken legs, smashed mobile phones and inhumane conditions of detention. Due to missing alternatives refugees try their luck lots of times.

Outcome
Political decisions caused that refugee’s desperation and misery rather stay in secrecy for the general public, nevertheless refugee’s situation is aggravated. The completely-equipped camp in Idomeni musn’t be used and people have to pass the night under the open sky. Rejected refugees don’t have access to official supply and depend on human traffickers.
The partial closure of Macedonia’s border represents policy of fortress Europe and makes clear which place human rights occupy in the european solidarity community.

Closed borders, no matter if it’s in Austria, Hungary or Macedonia, are irreconcilable with human rights and have already killed to many people!

Practical solidarity against states‘ failure and political calculations!
For global freedom of movement!
Legal escape routes for everybody!

nara-activists (network antiracist action kiel),
right now on site at Macedonia’s border to support rejected refugees.
Idomeni, January 3rd 2016
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Idomeni: Die „befriedete“ Grenze??

Die erschreckenden Bilder von hungerstreikenden und protestierenden Flüchtenden mit zugenähten Mündern an der griechisch-mazedonischen Grenze Idomeni beherrschten die europäischen Medien für einen kurzen Zeitraum.
Grund dafür war die zuvor neu eingeführte Regelung, dass nur noch Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak (sogennante „S-I-A-Flüchtende“) die Grenze nach Mazedonien passieren dürfen. Es entstand daraufhin ein massiver Rückstau von Menschen die vermeintlich aus „Nicht-Kriegsgebieten“ kommen, wie z.B. aus Marokko, dem Iran, Pakistan, dem Libanon und Somalia in Idomeni auf der griechischen Seite der Grenze. Die daraus resultierenden Proteste tausender verzweifelter Menschen führten zu einem weltweiten Medienecho.
Doch anstatt den Menschen ihr Recht auf Bewegungsfreiheit zu gewähren und individuelle Fluchtgründe anzuerkennen, wurde mit Maßnahmen reagiert, die Massenproteste unmöglich machen und die Lage der Flüchtenden massiv verschärften. Das Camp in Idomeni wurde gewaltsam geräumt und die neu ankommenden Menschen werden nun entlang der gesamten Route durch Griechenland an verschiedenen Orten aufgehalten.
Diese Verschärfungen erklären das Verschwinden der aufrüttelnden Bilder in den Medien, sodass der Eindruck entsteht, die Lage habe sich entspannt. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Derzeitige Situation
Die Flüchtenden erreichen von den griechischen Inseln aus Athen und werden mit Bussen weiter gefahren. Da unter allen Umständen verhindert werden soll, dass sich größere Gruppen an der Grenze sammeln, werden verschiedene Raststätten angefahren und die Menschen dort festgesetzt. Diese kurzfristig eingerichteten Orte verfügen über keinerlei Infrastruktur. Lebensmittel können dort nur extrem überteuert an den Tankstellen erworben werden. Menschen ohne Geld hungern. Dabei kam es zu Situationen, dass Busse bis zu 30 Stunden dort verharrten. Die Busse werden dort teilweise nicht beheizt oder sogar verschlossen, sodass die Flüchtenden die Zeit zuweilen bei Minusgraden oder Schneeregen an kleinen Feuern verbringen. Für besonders Schutzbedürftige, wie z.B. Kleinkinder gibt es häufig keinerlei Versorgung. Die einzige Unterstützung, wie Lebensmittel, Feuerholz oder minimalste medizinische Versorgung wird von NGOs und unabhängigen Freiwilligen übernommen.
Besonders absurd erscheint dabei, dass das geräumte Camp in Idomeni zwar noch besteht, aber aus strategischen Gründen nicht belegt werden darf. Es befinden sich dort mehrere beheizbare Großzelte, und eine Infrastruktur mit einer Kleiderkammer, Möglichkeiten der Essensversorgung und medizinischer Hilfe. Diese Einrichtungen können allerdings nur in der kurzen verbleibenden Zeit zwischen Ankunft der Busse in Idomeni und Grenzübertritt genutzt werden. Die Menschen werden so schnell wie möglich durch das Grenzcamp geleitet und die nötigste Versorgung muss innerhalb von Minuten geschehen.

Rassistische Selektion der Flüchtenden und ihre Folgen
Die „S-I-A-Flüchtenden“ dürfen anschließend die Grenze queren. Alle anderen Nationalitäten wird die Einreise nach Mazedonien nach wie vor verwehrt. Sie werden unmittelbar von griechischen Polizist*innen zur Rückreise nach Athen gezwungen. Diese Maßnahme gilt einzig dem Zweck das Ausmaß der Abweisung zu verschleiern und Proteste unmöglich zu machen. Für einige ist dies das Ende ihrer Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben in Europa. Ihre einzigen Möglichkeiten sind in ihr Heimatland zurückzukehren oder sich in die Illegalität zu begeben.
Für die meisten ist jedoch nach mehreren tausend Kilometern Flucht und einer lebensgefährlichen Überfahrt in Booten ein Aufgeben keine Option. Sie können Mazedonien nur auf illegalem Weg durchqueren. Hunderte Abgewiesene befinden sich deswegen im Grenzbereich auf griechischer Seite und bereiten sich auf diesen Weg vor. Sie verbringen z.T. mehrere Tage und Nächte in den Feldern, Wäldern und verlassenen Häusern rund um Idomeni. Bei Regen und Kälte ändern die von Freiwilligen notdürftig zur Verfügung gestellten Decken und Regencapes nichts an ihrer prekären Situation. Schlepperei ist hier für sie häufig der einzige Weg ihre berechtigte Flucht fortzusetzen. Es gibt unzählige Berichte von mehrfach gescheiterten „illegalen“ Fluchtversuchen durch Mazedonien. So gut wie immer wurden die Menschen von Polizei oder Militär in Mazedonien aufgegriffen, zusammengeschlagen, sämtlicher Wertgegenstände beraubt und nach Griechenland zurückgeschoben. Sie erzählen von gebrochenen Beinen, zertretenen Handys und unmenschlichen Haftbedingungen. Auf Grund einer fehlenden Alternative versuchen die Menschen dies dennoch häufig viele Male.

Resultat
Die politischen Entscheidungen bewirken, dass die Verzweiflung und Not der Flüchtenden für die Öffentlichkeit eher im Verborgenen bleibt und somit keine medialen Bilder mehr produziert. Die Lage für die Flüchtenden hat sich jedoch faktisch verschlechtert.
Das voll ausgestattete Camp in Idomeni darf nicht genutzt werden und Menschen müssen draußen, statt in beheizbaren Zelten nächtigen. Abgewiesene erhalten keinen Zugang zu offizieller Versorgung und sind auf Schlepperei angewiesen.
Die partielle Grenzschließung der mazedonischen Grenze steht exemplarisch für die Abschottungspolitik Europas und führt vor Augen welchen Stellenwert Menschenrechte in der „Solidargemeinschaft Europa“ haben.

Geschlossene Grenzen, egal ob in Österreich, Ungarn oder Mazedonien lassen sich mit Menschenrechten nicht vereinbaren und haben bereits zu viele Menschenleben gefordert!


Praktische Solidarität gegen staatliches Versagen und politisches Kalkül!
Für die globale Bewegungsfreiheit!
Legale Fluchtwege für alle!

Aktivist*innen des nara [ki] – netzwerk antirassistische aktion kiel,
zur Zeit vor Ort zur Unterstützung der an der mazedonischen Grenze abgewiesenen Menschen.
Idomeni, 03.01.2016