1.000 Menschen demonstrieren in Kiel für eine solidarische Gesellschaft und gegen die Innenministerkonferenz
Folgend teilen wir den Demobericht des NoIMK-Bündnisses:
Zu Höchstzeiten bis zu 1000 Menschen beteiligten sich am Mittwochabend, 12. Juni 2019 an der Demonstration des NoIMK2019-Bündnis unter dem Motto „Gegen Repression, Rechtsruck und autoritäre Formierung“ gegen die Innenminister-konferenz in Kiel. Zuvor waren bereits etwa 700 Menschen dem Aufruf des Hier-geblieben-Bündnis gefolgt und in einem Zug vom Hauptbahnhof durch die Innen-stadt zum Dreicksplatz gegen Abschiebung, Polizeiallmacht und Rassismus demon-striert. Etliche Teilnehmer*innen schlossen sich hier der Anschluss-Demo an. Gemeinsam zogen die Teilnehmer*innen anschließend lautstark über die Holtenauer Straße und den Knooper Weg zum Lessingplatz, wo vor dem Stützpunkt Bundes-polizei eine Zwischenkundgebung stattfand. Weiter ging es anschließend über Legienstraße, Bergstraße, Asmus-Bremer Platz und Andreas-Gayk-Straße zur Abschlusskundgebung. Der vierstündige Protestmarathon endete schließlich gegen 22 Uhr am Hauptbahnhof abermals vor dem Atlantik-Hotel, wo die Innenminister der Länder sowie Heimatminister Seehofer im Laufe des Abends eincheckten. Hier kam es zwischenzeitlich zu Rangeleien zwischen wütenden Demonstrant*innen und der massiv präsenten Polizei an den aufgestellten Absperrgittern.
Neben antifaschistischen, antirassistischen, internationalistischen und links-radikalen Gruppen beteiligte sich auch ein lebhafter Block der Fanszene Kiel mit über 100 Teilnehmer*innen an der Demo. Auf drei Kundgebungen verdeutlichten Redner*innen der Offenen Linksradikalen Plattform Kiel, der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, der Fanszene Kiel, des netzwerk antirassistische aktion kiel, des Kurdistan-Solidaritätskomittee Kiel, der Antifaschistischen Jugend Kiel, der Fach-schaft Soziale Arbeit an der FH Kiel sowie der TurboKlimaKampfGruppe Kiel ihre jeweils spezifische Kritik an der repressiven Zuspitzung von Staat und Gesellschaft durch die Politik der IMK.
Immer wieder wurde in den Rede-beiträgen das Wirken der Innenminis-terkonferenz in den Zusammenhang gesamtgesellschaftlicher Entwicklung-en im Zuge einer globalen spätkapita-listischen Krise gestellt, die als auto-ritäre Formierung benannt wurde: „Wenn wir die gegenwärtigen poli-tischen, gesellschaftlichen und staat-lichen Entwicklungen als autoritäre Formierung bezeichnen, meinen wir damit die in vielen bürgerlich-kapita-listischen Staaten allgemein zu beobachtende Tendenz, soziale und auch globale Konflikte nicht mehr in Aushandlungsprozessen zu entschärfen – also z.B. durch Zugeständnisse an soziale Bewegungen, Integration von potentiell subversiven Milieus ins Gesellschaftssystem oder Befriedung des Klassenkampfes durch Sozial-staat und Sozialpartnerschaft -, sondern autoritär bis gewalttätig zu unterdrücken bzw. abzuwälzen. Diese Tendenz führt unweigerlich nicht nur zur Verschärfung des Konkurrenzverhältnis und damit einhergehend zur Brutalisierung der Gesellschaft, also des allgemeinen Ringens Aller gegen alle und des Nach-unten-Tretens. Sie führt auch immer zur Aufrüstung des Staates im Inneren sowie nach Außen. Erstere, also Ausbau der Überwachung, Ermächtigung des Polizeiapparates und Abschottung der Grenzen, ist genau das Business der heute in Kiel tagenden IMK.“ (Autonome Antifa-Koordination Kiel)
Während und nach den Demon-strationen kam es zu mindestens zwei Ingewahrsamnahmen von Teilneh-mer*innen. Zudem wurde der Block der Fanszene Kiel kurz vor Erreichen der Abschlusskundgebung von Polizeieinheiten bedrängt. Vorwand waren mitgeführte Schilder mit der polizeikritischen Aufschrift „ACAB“. Nur der besonnenen Reaktion der Teilneh-mer*innen des Blocks blieb es zu verdanken, dass die Situation hier nicht eskalierte. Das NoIMK-Bündnis bewertet das martialische Polizeiaufgebot im unmittelbaren und weiteren Umfeld von Demos und Konferenz, ausgestattet mit schwerem Gerät wie Wasserwerfern, als unmittelbaren Ausdruck autoritärer Zuspitzung und Sinnbild der IMK-Politik auch an diesem Tag: „Direkt beobachtbar war die autoritäre Verschärfung auch am heutigen Verhalten der Polizei: der Einsatz war eine Machtdemonstration, die ungewöhnlich hohe Anzahl an Einsatz-kräften, die eingesetzten Mittel und die brutalen Festsetzungen am Ende der Demonstration veranschaulichten einmal mehr, wie sehr für den Staat Einschüchterung, Unterdrückung und Repression die Mittel der Wahl sind.“ (Presseerklärung des NoIMK-Bündnis)
Die hohe Teilnehmer*innenzahl, die sich selbst nach dem mehrstündigen Demonstrationsgeschehen noch zum Ende am Hauptbahnhof auf mehrere hundert Menschen beziffern ließ, sowie die heterogene Zusammen-setzung der Proteste übertraf sämt-liche Erwartungen der vorbereitenden Gruppen. Das NoIMK-Bündnis bewertet die Mobilisierung gegen die Innenministerkonferenz 2019 in Kiel als großen Erfolg, auf den zur zweiten IMK des Jahres im Dezember in Lübeck selbstbewusst aufgebaut werden sollte.
Am Donnerstag fand zudem parallel zur Innenministerkonferenz die tradi-tionelle Gala von Jugendliche ohne Grenzen (JoG) im Theater der Nieder-deutschen Bühne Kiel statt. Hier wurden Initiativen geehrt, die sich besonders um Flucht und Geflüch-tetensolidarität verdient gemacht haben. Ausgezeichnet wurden in diesem Jahr das von langjährigen Haftstrafen bedrohte Team der Iuventa, Asmara’s World Refugee Support und das Watch the med-Alarmphone. Die anschießende Wahl des Abschiebeministers entschied mit großer Mehrheit der Innenminister aus Sachsen Roland Wöller für sich. Die Preisübergabe fand am Freitag vor dem Tagungsort der IMK statt und wurde von einem Mitarbeiter des Orga-Team entgegengenommen, da der Minister dafür keine Zeit hatte oder haben wollte.
Presseberichte und ein Video zur Demo finden sich hier.
Fotos: Ulf Stephan; NoIMK-Bündnis
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Die nächste Innenministerkonferenz wird vom 04.-06.12.2019 in Lübeck stattfinden. Auch dort werden wir wieder für eine befreite Gesellschaft jenseits von Mauern und Grenzen protestieren! Stay tuned: noimk2019.blackblogs.org
Gegen Repression, Rechtsruck und autoritäre Formierung!