Das Kieler Bündnis gegen Corona und Kapitalismus ist ein Zusammenschluss, in dem sich linksradikale, antirassistische, klimapolitische, internationalistische, antifaschistische, feministische und klassenkämpferische Gruppen und Projekte organisieren, um gemeinsam solidarische Antworten auf die in der Pandemie verschärften kapitalistischen Krisen zu entwickeln.
Am Wochenende des 13./14.02. hat das Bündnis mit verschiedenen Aktionen auf die rassistischen, ausbeuterischen und unterdrückenden Folgen der Corona-Krise aufmerksam gemacht sowie praktische Hilfe geleistet. So wurden bspw. kostenlos Hygiene- und Desinfektionsmittel auf öffentlichen Plätzen ausgegeben oder die Freigabe der Patente für die Corona-Impfstoffe vor dem Justiz- und Europaministerium gefordert und damit ein Zeichen für eine solidarische Lösung der Krise gesetzt.
Die Aktionen und Forderungen des Bündnisses werden fortlaufend auf einem Blog dokumentiert: gegencoronakapitalismus.noblogs.org
Zudem wurde eine Broschüre erstellt, die hier zum Download bereitsteht.
Folgend teilen wir die Forderungen des Kieler Bündnisses gegen Corona und Kapitalismus:
Für eine solidarische Lösung der Krise(n)
In den vergangenen Monaten hat die Corona-Pandemie das Leben zahlreicher Menschen grundlegend verändert und tiefe Einschnitte in der Gesellschaft hinterlassen. Die Situation von vielen Menschen hat sich in dieser Zeit deutlich verschlechtert. Nicht nur aufgrund der direkten Infektionsgefahr, sondern auch durch die damit verbundenen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Folgen. In dieser Zeit ist deutlich geworden, wie unsicher und prekär unsere Leben eigentlich sind: Der Arbeitsplatz kann von einen Tag auf den anderen weg sein, die Ersparnisse reichen kaum für die Miete der nächsten zwei Monate, vor allem Frauen und queere Personen müssen zusätzliche unbezahlte Hausarbeit, wie Kinderbetreuung, auffangen und sind in den eigenen vier Wänden mit der steigenden Gefahr patriarchaler Gewalt konfrontiert. Ohne die notwendige technische Ausstattung und den Austausch mit Freund*innen macht uns der Leistungsdruck in der Schule oder der Universität noch mehr fertig und mit dem Wegfall sozialer Kontakte drohen wir zu vereinsamen und haben Angst, alleine zu sterben. Gleichzeitig ist für viele ein Abstandhalten trotz bestehender Ansteckungsgefahr nicht möglich, weil sie sich ein überbelegtes Zimmer mit Familie, Arbeitskolleg*innen oder Fremden teilen müssen oder weil sie aufgrund eines falschen Passes zu Hunderten in Lagern mit mangelhaften hygienischen Standards untergebracht sind.
Das sind keine direkten Folgen von Corona. Ein Virus kann schwerlich Arbeitnehmer*innen entlassen oder Mieter*innen aus der Wohnung werfen. Es ist der Ausdruck des kapitalistischen Systems, in dem Profite über dem Wohl der Menschen und der Natur stehen. Dank der Logik dieses Systems können einige Unternehmen selbst in Corona-Zeiten noch Milliarden-Gewinne einfahren. Derselben Logik folgend, können das öffentliche und kulturelle Leben sowie unsere Freizeit immer weiter eingeschränkt werden, während wir weiter zur Lohnarbeit müssen und uns dabei in Bussen, Zügen, Büros, Fabriken und Logistikzentren der Ansteckungsgefahr aussetzen. Bildung, Wohnraum und Gesundheit sind im Kapitalismus nichts anderes als Waren, die nicht als ein notwendiges Grundrecht allen und jederzeit zur Verfügung stehen, sondern immer stärker nach Marktgesetzen organisiert sind. Kleinere Schulklassen, allumfassender Gesundheitszugang und würdiger Wohnraum sind eben nicht möglich, wenn mit diesen möglichst hohe Gewinne für einige Wenige gemacht werden sollen.
Dabei sind staatliche Regierungen ganz offensichtlich keine geeigneten Verbündeten, um diese Krisen in unserem Sinne zu lösen: Mit den milliardenschweren Hilfspaketen werden weniger Arbeitsplätze als vielmehr die Prämien für Aktionär*innen von Großkonzernen wie BMW oder Lufthansa gerettet. Im selben Atemzug werden knallharte Sparprogramme durch die Politik angekündigt. Die wirtschaftlichen Folgen der Krisen sollen also von oben nach unten durchgereicht und auf dem Rücken von Arbeiter*innen, Mieter*innen und Arbeitslosen ausgetragen werden. Gleichzeitig drohen die repressiven Maßnahmen, die im Corona-Ausnahmezustand verhängt wurden, über die Pandemie hinaus zur Einschränkung von demokratischen Grundrechten zu führen. Dadurch werden etwa zukünftig Arbeitskämpfe, Demonstrationen oder die Nutzung des öffentlichen Raums eingeschränkt.
Selbst wenn die Corona-Pandemie also zeitnah unter Kontrolle gebracht wird, werden die Unsicherheiten aus unseren Leben nicht verschwinden. Die Aushandlung der wirtschaftlichen Krise ist bereits im vollen Gange und die politischen, sozialen und ökologischen Folgen verschärfen sich weiter. Das Krisenmanagement der Regierung hat gezeigt, dass wir nicht alle in einem Boot sitzen. Die Krisen werden uns nicht alle gleich treffen, sondern schlagen je nach Klasse, Geschlecht und Herkunft zu.
Wir fordern daher eine solidarische Lösung dieser Krisen! Das bedeutet nicht, dass wir einfach die Zeit zurückdrehen und in eine Normalität vor Corona zurückkehren, denn diese Normalität war das Problem. Wir fordern die Überwindung der systemischen Logiken, entlang derer wir tagtäglich ausgebeutet und unterdrückt werden. Wir fordern ein Leben in Solidarität und Würde! Das bedeutet ebenso wenig, dass wir einfach an die Regierung appellieren und darum bitten, dass diese Sachen verbessert werden. Stattdessen forcieren wir den Aufbau sozialen Widerstands und solidarischer Netzwerke von Unten, um Druck aufzubauen, diese Forderungen durchzusetzen und endlich selbst über unsere Leben bestimmen zu können.
Wir sind gegen Corona, weil wir das Virus ernst nehmen und eine weitere Ausbreitung konsequent stoppen wollen. Wir sind gegen Kapitalismus, weil in diesem System der Profit wichtiger ist als die Gesundheit der Menschen und das Wohl des Planeten. Erst dadurch konnte die Pandemie dieses Ausmaß annehmen.
Für eine solidarische Lösung der Krisen, fordern wir:
- Kein Durchreichen der Krisenkosten von oben nach unten – make the rich pay for Covid 19!
- Wirkliche Anerkennung gesellschaftsrelevanter Arbeit und sichere Arbeitsbedingungen für alle – Zusammen für die Menschen arbeiten statt Schuften für’s Kapital!
- Haus- und Sorgearbeit gerecht und gemeinschaftlich organisieren – Geschlechtergerechtigkeit erkämpfen!
- Gesundheit und Bildung sind keine Waren auf dem kapitalistischen Markt – Vergesellschaftung statt Privatisierung!
- Wohnraum muss verfügbar, erschwinglich und sicher für alle Menschen sein – Für ein Recht auf Wohnen!
- Evakuierung aller Geflüchtetenlager an den EU-Außengrenzen und Stopp aller Abschiebungen – Leave no one behind!
- Die Zerstörung des Klimas kennt keine Quarantäne – Klimagerechtigkeit durchsetzen!
- Keine Ausgangssperren und Einschränkungen demokratischer Grundrechte – Solidarische Gesellschaft statt starker Staat!
- Abschaffung von geistigen Eigentumsrechten auf pharmazeutische Produkte – gerechte und globale Verteilung von Impfstopfen!
- Echter Widerstand geht nur solidarisch und antifaschistisch – kein Raum für rechtsoffene Corona-Relativierer*innen!